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Die 6 Geschmacksrichtungen: Rasa im Ayurveda

Ein Grundprinzip der Ayurveda-Ernährung lautet, dass jede Mahlzeit möglichst alle Geschmacksrichtungen („Rasa“) enthalten sollte. Am Anfang kann das ein bisschen verwirren: Welche Geschmäcker gibt es denn – und wie soll man es schaffen, sie immer alle gleichzeitig zu integrieren? Wir stellen Dir die sechs Geschmacksrichtungen vor und erklären, welche Wirkung sie auf Deinen Körper haben.

Welche 6 Geschmacksrichtungen gibt es?

Wie Du vielleicht weißt, geht es im Ayurveda immer um Balance. Ob wir von den Gunas, den Doshas oder von den Rasas sprechen: Mit allem, was wir tun, möchten wir ein harmonisches Gleichgewicht herstellen. Störungen, Beschwerden und Krankheiten entstehen nach der Lehre des Ayurveda dadurch, dass bestimmte Tendenzen zu stark und andere zu schwach ausgeprägt sind.

Genau das ist auch der Grund, warum wir so viel Wert auf die sechs Geschmäcker legen. Enthält Deine Mahlzeit ein gut balanciertes Zusammenspiel von allen, fühlst Du Dich anschließend zufrieden und genährt. Fehlt ein Geschmack (oder mehrere), kann es zum Beispiel sein, dass Dein Körper nach mehr Nahrung verlangt, obwohl Du eigentlich genug gegessen hast.

Den Geschmack von Lebensmitteln nennen wir im Ayurveda Rasa. Damit meinen wir das, was wir mit unserem Geschmackssinn wahrnehmen, sobald ein Lebensmittel unsere Zunge berührt.

Die Liste der 6 Geschmacksrichtungen im Ayurveda:

  • süß (madhura)
  • sauer (amla)
  • salzig (lavana)
  • scharf (katu)
  • bitter (tikta)
  • herb, zusammenziehend (kashaya)

Rasa und die ayurvedische Elementelehre

Genau wie wir Menschen haben auch Lebensmittel eine Prakriti, also eine individuelle Natur. Die Eigenschaften (Gunas) der 6 Geschmacksrichtungen ergeben sich aus der Lehre der fünf Elemente: Erde, Feuer, Wasser, Luft und Äther (Raum). Jeder Geschmack ist eine Kombination aus zwei Elementen und bringt die entsprechenden Eigenschaften auf Deinen Teller.

  • Der süße Geschmack steht für Erde und Wasser
  • Der saure Geschmack steht für Erde und Feuer
  • Der salzige Geschmack steht für Wasser und Feuer
  • Der scharfe Geschmack steht für Luft und Feuer
  • Der bittere Geschmack steht für Luft und Äther
  • Der herbe (adstringierende) Geschmack steht für Luft und Erde

Nach ayurvedischem Verständnis hat also jeder Geschmack eine bestimmte Wirkung auf Dich. Ob diese förderlich oder eher ungünstig ist, hängt von Deiner Konstitution ab: Gleiches verstärkt sich im Ayurveda und Gegensätze gleichen sich aus. Wenn Du viel Pitta hast, empfehlen wir Dir, mit sehr heißen und scharfen Lebensmitteln vorsichtig zu sein, weil sie Deine natürliche Hitze weiter anfachen können.

Rasa im Vergleich zu Vipaka und Virya

Neben dem Geschmack, wie wir ihn kennen, betrachtet der Ayurveda noch zwei weitere Wirkprinzipien von Lebensmitteln: Vipaka und Virya. Sie beeinflussen ebenfalls, welche Wirkung ein Lebensmittel auf Dich und Deine Dosha-Balance hat.

Vipaka bezeichnet den Nachgeschmack oder Nachverdauungseffekt. Im Gegensatz zu Rasa unterschieden wir bei Vipaka nur drei unterschiedliche Varianten, nämlich süß, scharf und sauer. Vipaka zu identifizieren, ist gar nicht so einfach: Weil es sich um ein subtileres Prinzip handelt, müssen wir erst lernen, zu spüren, wie sich die Nahrung in unserem Körper verhält.

Rasa und Vipaka sind in vielen Fällen unterschiedlich: Ein Lebensmittel, das süß schmeckt, kann trotzdem einen sauren Effekt auf Deinen Körper haben. Pippali, der lange Pfeffer, den wir im Ayurveda gerne verwenden, schmeckt zum Beispiel zunächst scharf, entfaltet später aber einen süßen Nachgeschmack. Pippali ist deshalb für Pitta-Typen verträglicher als regulärer schwarzer Pfeffer.

Virya ist die thermische Wirkung oder thermische Potenz unserer Nahrung während der Verdauung. Das, was Du isst, kann Deinen Körper entweder erwärmen oder kühlen. Außerdem sorgen manche Lebensmittel dafür, dass Dein Körper Energie speichert, während andere Energie freisetzen oder verbrauchen.

Die 6 ayurvedischen Geschmacksrichtungen: Eigenschaften und Wirkung

Aber zurück zu Rasa, dem klassischen Zungengeschmack. Im Folgenden stellen wir Dir jede der 6 Geschmacksrichtungen im Detail vor.

Der süße Geschmack (madhura)

Dass viele Menschen so gerne Süßes essen, ist kein Zufall: Der süße Geschmack ist aus ayurvedischer Sicht der Inbegriff von Trost und Geborgenheit. Er erdet uns, nährt alle Körpergewebe und stärkt Ojas – unsere (Immun-)Kraft und Vitalität.

Die Eigenschaften des süßen Geschmacks sind schwer, ölig und kühlend. Das erklärt, warum Kapha-Typen mit süßen Lebensmitteln etwas vorsichtiger sein dürfen: Ein Übermaß kann zu einer Kapha-Dominanz führen und Schleimbildung und Übergewicht fördern. Vatas und Pittas profitieren hingegen sehr von Süße: Die kühlenden Eigenschaften gleichen das feurige Pitta Dosha aus, die erdende Wirkung wirkt harmonisierend auf das luftige Vata Dosha.

Mit „süß“ meinen wir im Ayurveda allerdings nicht Schokolade, Kekse und Gummibären: Die positiven Eigenschaften des süßen Geschmacks erhältst Du vor allem, indem Du mehr Wurzelgemüse, Getreide, Datteln, reife Früchte oder auch Ghee in Deinen Speiseplan integrierst.

Der saure Geschmack (amla)

Die Redewendung „sauer macht lustig“ stimmt aus ayurvedischer Sicht nur begrenzt. Zwar regt der saure Geschmack Agni an und fördert die Bildung unserer Verdauungssäfte. Der derzeitige Trend, vor einer Mahlzeit Essig zu trinken, um den Blutzucker zu stabilisieren, ist in unseren Augen aber eher weniger empfehlenswert.

Saure Nahrungsmittel haben eine stark anregende und erhitzende Wirkung. Der saure Geschmack vermehrt Pitta sogar mehr als der scharfe: Das kann unter Umständen zu Übersäuerung, Entzündungen, Hautausschlägen und Verdauungsbeschwerden wie Sodbrennen führen. Säure kann zudem hitzige Gemüter zum Explodieren bringen.

Wenn Du viel Pitta in Deiner Konstitution hast, hältst Du Dich beim sauren Geschmack also am besten etwas zurück. Die Gunas des sauren Geschmacks sind leicht, flüssig, ölig und wärmend. Zu den sauren Lebensmitteln zählen neben verschiedenen Obstsorten zum Beispiel Tomaten. Kaphas sollten wie Pittas eher sparsam dosieren. Trockenen, kalten Vata-Typen tut etwas Säure hingegen ganz gut.

Der salzige Geschmack (lavana)

Der salzige Geschmack hat im Ayurveda die Eigenschaften schwer, heiß, ölig und feucht. Damit ist er die beste Wahl, um das Vata Dosha zu balancieren: Er baut Gewebe auf, wärmt, beruhigt und gibt eine gewisse Schwere. In der richtigen Dosierung kann Salziges die Verdauung anregen und Kraft spenden.

Für die anderen beiden Doshas eignet sich der salzige Geschmack allerdings nicht ganz so gut: Bei Pitta kann er im Übermaß Entzündungen fördern, bei Kapha führen die nährenden und Wasser-bindenden Qualitäten schnell zu Übergewicht und Ödemen. Neben allen Arten von Salz haben zum Beispiel auch Algen eine ähnliche Wirkung.

Der scharfe Geschmack (katu)

Was haben Ingwer, Senf, Pfeffer, (Meer-)Rettich und Chili gemeinsam? Genau, sie alle schmecken scharf. Der scharfe Geschmack vereint aus ayurvedischer Sicht die Elemente Luft und Feuer und hat die Eigenschaften leicht, trocken und warm. Falls Du ein Pitta-Typ bist, schwant Dir wahrscheinlich schon, dass diese Kombination für Dich etwas heikel sein könnte: Neben dem sauren Geschmack ist der scharfe der, der am meisten Hitze bringt.

Vatas müssen aufpassen, dass Scharfes sie nicht zu sehr auszehrt und eine innere Unruhe verstärkt. Für alle Kaphas ist der scharfe Geschmack wunderbar geeignet, um Agni zu stimulieren und körperlich und geistig in Schwung zu kommen. Allerdings gilt scharf als sehr dominant, zu viel davon kann die anderen Geschmäcker überdecken. Wie immer gilt also auch hier. Die Dosis macht das Gift.

Der bittere Geschmack (tikta)

Bitter ist ein Geschmack, den wir heute nur noch selten in der Nahrung haben. Aus den meisten Lebensmitteln wurde er herausgezüchtet – einfach, weil die meisten Menschen ihn als eher unangenehm empfinden. Dabei ist Bitteres sehr gesund: Es reinigt, leitet aus und stärkt die Funktion aller entgiftenden Organe, wie zum Beispiel der Leber. Der bittere Geschmack hat im Ayurveda die Eigenschaften leicht, trocken und kühl.

Zu den bitteren Lebensmitteln zählen zum Beispiel Artischocken, Auberginen, Salatsorten wie Chicorée und Löwenzahn sowie Bockshornklee und Kurkuma. Vata-Typen sollten sich bei bitterer Nahrung etwas zurückhalten, weil der Geschmack sie zu stark austrocknen kann. Pittas und Kaphas profitieren hingegen sehr davon, etwas mehr Bitterstoffe in ihre Ernährung zu integrieren.

Der herbe Geschmack (kashaya)

Für den herben Geschmack verwenden wir manchmal auch die Begriffe adstringierend oder zusammenziehend. Für die meisten Menschen ist diese 6. Geschmacksrichtung im Ayurveda anfangs etwas schwer zu erfassen. Am einfachsten erklärst Du den zusammenziehenden Effekt, indem Du Dir vorstellst, eine grüne Banane zu essen. Typische herbe Lebensmittel sind Hülsenfrüchte, grüne Blattgemüse und die meisten Kohlsorten.

Regiert von den Elementen Luft und Erde, beinhaltet der herbe Geschmack die Eigenschaften trocken, kühl und schwer. Pitta-Typen dürfen hier gerne wieder beherzt zugreifen, denn die kühlende und erdende Wirkung bekommt ihnen gut. Ähnliches gilt für Kaphas: Herbe Lebensmittel haben eine reinigende Wirkung und helfen, Schleim zu lösen bzw. vorzubeugen. Bei Vata-Typen können sie allerdings zu übermäßiger Trockenheit führen und Krämpfe verursachen.

Wie Du alle 6 Geschmacksrichtungen in eine Mahlzeit integrierst

Der süße, saure und salzige Geschmack gelten als eher anabol (aufbauend), währen dem scharfen, bitteren und herben Geschmack eine katabole (abbauende) Wirkung zugesprochen wird. Jeder der 6 Geschmäcker hat aber eine ganz eigene Wirkung auf den Körper und die Doshas. Eine kluge Zusammenstellung kann Dir helfen, für ein besseres Gleichgewicht zu sorgen.

Als Ayurvedis bemühen wir uns, möglichst alle sechs bei jedem Essen zu verwenden. Das muss nicht schwierig sein: Eine ausgewogene Mahlzeit aus buntem Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchten enthält mit etwas Salz, Pfeffer und einem Spritzer Zitronensaft zum Beispiel schon alle 6 Geschmacksrichtungen. Außerdem eignen sich Chutneys und Gewürze besonders gut, um eventuell fehlende Geschmäcker einfach auszugleichen.

Wichtig ist dabei, dass die Dosis zu Deiner individuellen Dosha-Kombination passt. Die meisten von uns essen im Alltag tendenziell zu viele süße und salzige Lebensmittel, während vor allem Bitterstoffe häufig zu kurz kommen. Vata- und Pitta-Typen, die ja prinzipiell von süßen Produkten profitieren können, sollten darauf achten, dass sie statt stark gezuckerten Lebensmitteln lieber auf solche zurückgreifen, die von Natur aus süß sind.

Je mehr wir uns im Gleichgewicht befinden und die Verbindung zu unserem Körper stärken, desto mehr spüren wir intuitiv, welcher Geschmack uns gerade fehlt. Du möchtest noch genauer wissen, wie wir im Ayurveda Nahrung als Heilmittel nutzen? Dann schalte direkt Deinen kostenlosen Testzugang zu unserer Online-Ausbildung zum Ayurveda Ernährungscoach frei! Wir würden uns freuen, Dich in die spannende Welt des Ayurveda mitzunehmen.

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